Liebe in Zeiten der Pandemien

von Miroslawa Respondek

Auf einem Bauernhof in Kansas lebte ein guter junger Mann mit seiner Familie. Albert Gitchell war sehr fleißig und gottesfürchtig. Er liebte seine Eltern sehr. Darum arbeitete er hart, um ihnen zu helfen. Jeden Tag stand er gegen vier Uhr morgens auf, um Kühe zu melken, Schweine zu füttern, Hühner in den Hof frei zu lassen und alle anderen Tiere auf dem Hof zu versorgen. Seine Eltern nahmen seine Hilfe dankbar an. Sie schätzten die Frömmigkeit ihres Sohnes. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Welt seit mehreren Jahren in einem Krieg. Viele junge Menschen wurden einberufen, um für ihr Vaterland zu kämpfen. Auch Albert wird eingezogen. Zunächst kommt er in ein Trainingslager in Kansas, wo bereits sechsundfünfzig Tausend anderer Rekruten sich auf ihren Einsatz im Krieg vorbereiten. Sie leben alle zusammengepfercht auf einem engen Raum. Nach einem kurzen Aufenthalt wird Albert zum Küchendienst eingeteilt. Zu diesem Zeitpunkt ist er sehr krank. Er hustet, hat Schnupfen und hohes Fieber. Trotz seiner Krankheit muss der junge Mann in der Armeekantine das Essen austeilen. Nach einigen Tagen wird er gesund. Allerdings hat er bereits viele seiner Kameraden mit dem neuartigen Virus angesteckt.

Nach einigen Wochen darf Albert zu seinem Einsatz nach Europa fahren. Zusammen mit vielen Tausenden anderen Soldaten wird er mit mehreren Schiffen nach Europa gebracht. Die fünfundzwanzig Transportfregatten der Armee überqueren den Atlantik und landen im französischen Hafen Brest an. Von dort werden die Männer mit Zügen an die Front gebracht.

Albert Gitchell weiß nicht, dass er ein tödliches Virus in sich trägt. Ein Virus, das den jungen Mann einst auf dem Bauernhof überfallen hatte. Eine Krankheit, die ursprünglich Vögel auf die Nutztiere und die Nutztiere anschließend auf die Menschen übertrugen. Eine Krankheit, die in der nahen Zukunft viele Menschenleben fordern wird. In den Vereinigten Staaten hat sich die besondere Grippe bereits großflächig ausgebreitet. Von den erkrankten eintausend einhundert Soldaten im Trainingscamp, wo Gitchell war, starben achtunddreißig.

Einer der Offiziere im Trainingscamp erfasste den Ernst der Situation. Er beobachtet, wie stark sich die Krankheit auf den Körper einwirkt. Welch schlimme Symptome sich dabei zeigen. Wie langsam die Körper wieder genesen. Wenn das überhaupt gescheht. Sofort wendet er sich an die Regierung in Washington. Leider ignoriert sie die Warnung des Offiziers. So kann sich das Virus von Kansas in die Hafenstädte der Ostküste und später bis nach Europa ausbreiten. Eine große Pandemie entsteht.

Jedes Mal, wenn das Virus einen neuen Wirt findet, mutiert er aufs Neue. Umso schwieriger wird es, die Pandemie zu bekämpfen. In Amerika nimmt sich der Forscher William Welch vor, herauszufinden, welche Veränderungen im Körper das Virus verursacht und wie man es bekämpfen kann. Er liebt die Menschen. Um der Menschheit zu helfen, opfert Welch sein eigenes Leben der Forschung an dem Virus. Er arbeitet unaufhörlich mit den Schwererkrankten und obduziert die Leichen der Verstorbenen. Auch Welch erkennt die schwierige Lage und wendet sich ebenfalls an die Regierung, um es vor der tödlichen Krankheit zu warnen. Genauso wie früher der Offizier, wird auch Welch ignoriert. Seitens eines hohen Politikers hört er folgenden Satz:

„Der herrschende Krieg rechtfertigt das Risiko der Infektionsausbreitung.“

Im November desselben Jahres geht der Erste Weltkrieg zu Ende. Doch die Spanische Grippe ist im vollen Gange. Kurz zuvor werden die Schulen geschlossen. Särge stapeln sich auf den Straßen. Fünfzig Millionen Menschen in der ganzen Welt sterben. Weil keiner von den vielen, die das Risiko einer Pandemie rechtzeitig erkannt haben, gehört wurde. Weil keiner von ihnen ernst genommen wurde.

Heute, einhundert Jahre später, haben wir eine ähnliche Situation. Wieder erobert ein Virus die Welt. Wieder erkranken viele Menschen an der neuartigen Krankheit, die eine riesige Menge von Toten verursacht. Allerdings sieht unsere Realität ganz anders aus, als die der Menschen von 1918.

Wir leben in einem digitalen Zeitalter und sind dadurch vernetzt. Über die verschiedenen Kanäle erfahren wir jeden Tag, wie wir uns am besten vor dem Virus schützen können. Wie wir es vermeiden, uns anzustecken und damit auch das Virus an die Nächsten zu übertragen. Damit wir unsere Mitmenschen davor bewahren, schwer zu erkranken und womöglich zu sterben. Jeden Tag werden wir darüber informiert, welche Fortschritte die Forschung macht. Und wie die anderen Menschen diese schwierige Zeit wahrnehmen. Auch für uns selbst kein einfacher Lebensabschnitt.

Jedoch werden wir ihn mit Bravour überstehen. Wir dürfen bloß die Hoffnung nicht verlieren! Besonders jetzt zu Pfingsten ist es wichtig, dass wir uns an die Worte Jesu Christi erinnern. Bereits am Abend des Ostertages sagte er:

„Empfange den Heiligen Geist!“.

Lange warteten die Jünger darauf. Sie fragten sich, was eigentlich als Nächstes passiert. Fünfzig Tage danach – am Pfingstmontag – kam der Heilige Geist auf die Gemeinde herab. Er brachte Liebe, fröhliche Erwartung, aber vor allem Hoffnung mit auf die Erde. Hoffnung auf einen Neuanfang. Auf eine Erneuerung. Zungen wie von Feuer seien auf die Jünger herab gekommen. Plötzlich waren sie nicht mehr so ängstlich, wie an den Tagen zuvor. Sie fingen Feuer und Flamme für Christus und gingen hinaus in die Welt, um die erfreulichen Nachrichten zu verbreiten. Und die Liebe.

Auch wir können es heute über die verschiedenen Wege tun. Nehmen wir uns Zeit für die anderen. Seien wir eine Hilfe für diejenigen, die gar nicht mehr aus dem Hause gehen können oder dürfen. Schenken wir ihnen unsere Aufmerksamkeit. Verbreiten wir Liebe, Zuversicht und Hoffnung.

Der Heilige Geist wird uns dabei unterstützen.